
Im Zuge der industriellen Revolution des 19. Jahrhunderts begann man, Metalle in Fabriken in bis dahin ungekannten Mengen herzustellen. Auch Zink gehörte hierzu. Bei einer bestimmten Temperatur gelang es, den Werkstoff durch walzen in Bleche zu formen, und nun stellte sich die Frage nach seinen Einsatzmöglichkeiten.

Die Verwendung als Material für Dacheindeckungen bot sich an, musste aber erprobt werden. Unterschiedliche Metalle haben auch unterschiedliche Eigenschaften und so lassen sich bekannte Bedachungstechniken nicht immer problemlos auf ein anderes Material übertragen. Mit Blei und Kupfer hatte man Erfahrungen, aber diese halfen beim neuen Metall nur bedingt. Gegen Mitte des 19. Jahrhunderts hatte sich dann in Frankreich und Belgien mit der Leistendeckung eine Bedachungstechnik herausgebildet, welche an die Materialeigenschaften des damaligen Zinks hervorragend angepasst war.
Dreidimensionale Bedachung

Neben französischer und belgischer Leistendeckung bildete sich bald auch eine deutsche Form dieser Technik und es wurde sogar eine patentierte Leistendeckung verwendet. Alle diese Techniken sind in Details unterschiedlich, zeichnen sich aber stets durch optisch deutlich sichtbare Linien auf dem Dach aus.

Die Eigenschaften des heute verwendeten Titanzinks sind deutlich besser als jene des Zinks vor 150 Jahren. Die Eindeckung mit Leisten ist daher technisch gesehen nicht mehr allein die am besten an das Material angepasste Lösung. Dennoch hat eine Leistendeckung auch heute noch aus gestalterischen Gründen ihre Berechtigung. Deutlicher als bei der vergleichsweise filigranen Stehfalzdeckung zeichnet sich die Eindeckung dreidimensional ab und hilft, Flächen zu strukturieren.
Leistendeckung an Fassaden?

Man könnte meinen, dass eine Bekleidung mit Leisten für Fassaden zu grob ist, dennoch lassen sich auch hier mit dieser Technik interessante Ergebnisse erzielen. Ein Beispiel hierfür ist ein Gebäude der Universität in Le Mans. Zur Strukturierung der geschlossenen Fassade wurden die Elemente mit einem fast flächenbündigen Einhangfalz verlegt. In unregelmäßigen Abständen wird dieses System durch vertikale und horizontale Leisten unterbrochen. Auf diese Weise wird ein sonst fensterloser Gebäudeteil lebendig.

Dr.-Ing. Knut König
Bildrechte: Paul Kozlowski, Jörg Seiler, VMZINC