Hier läuft es schief!

In kleinen Gemeinden auf dem Land findet man eher selten öffentliche Gebäude, die durch außergewöhnliche architektonische Ideen auffallen. Bei Sotto il Monte liegt der Fall etwas anders. Die Gemeinde in der italienischen Provinz Bergamo ist der Geburtsort des mittlerweile heiliggesprochenen Papstes Johannes XXII. Nach seinem Tod im Jahre 1963 hat sich Sotto il Monte zu einem Wallfahrtsort für gläubige Katholiken aus Italien und dem Ausland entwickelt.

Das religiös-touristische Interesse bestärkte die Gemeinde darin, ihre öffentlichen Bauten in entsprechend repräsentativer Weise auszuführen. Dieser Anspruch spiegelt sich in der neuen Grundschule des Ortes wider. Nach dem Willen der Gemeinde sollte das alte Gebäude in eine neue, zeitgemäße Struktur überführt werden.

Die unterschiedlichen Breiten der Zinkprofile wurden so gewählt, dass die Stehfalze und die vertikalen Fenstereinfassungen durchgehende Linien bilden.

Der Stehfalz kann mehr als horizontal und vertikal

Der ursprüngliche Entwurf für die erneuerte Schule stammt vom Ingenieurbüro AIACE aus Mailand, die Umsetzung übernahm dann das Architektur- und Ingenieurbüro ARPOSTUDIO aus Bergamo. Die Frontseite, auf die man von der leicht erhöht vorbeiführenden Straße schaut, ist eine komplette Neuschöpfung. Deren belüftete Fassaden und die zugehörigen Dächer wurden mit VMZINC gestaltet. Dabei wurde eine bewährte Verarbeitungstechnik verwendet: der Stehfalz. Doch die Schule beweist, es hängt vom Material und der Umsetzung ab, ob man mit dieser traditionellen Technik einem traditionellen Erscheinungsbild folgt oder eher eine zeitgemäße Richtung einschlägt. Und sie beweist noch etwas: Ein Stehfalz an der Fassade muss nicht immer horizontal oder vertikal verlaufen, es geht auch rund und schief!

Es läuft schief! In Stehfalztechnik kann auch diagonal verlegt werden.

Fließend von der Fassade zum Dach

Die Zinkprofile folgen fließend der Gebäudeform von der Fassade in das Dach hinein. Dabei bildet der Übergang keine scharfe Kante, sondern eine sanfte Rundung, der die gebogenen Profile folgen. Von der Front aus betrachtet, zeigt die Schule fünf unterschiedlich hohe und breite Volumen. Zwei dieser Volumen weisen als zusätzlichen Akzent einen diagonal verlaufenden Stehfalz auf. Auch dieser führt gerundet über den Übergang von der Fassade ins Dach. Eine ungewöhnliche Detailausführung, die die Blicke auf sich zieht.

Die von der Fassade ins Dach übergehenden VMZINC-Profile mit ihrer sanften Rundung sind ein Hingucker.

Schnittmengen

Das große mittlere Gebäude stellt Eingänge und ein Treppenhaus zur Verfügung. Diagonal durch die Gebäudefassade verläuft ein Schnitt, der es in eine dreieckige, transparente Fläche und eine opake Restform teilt. Der verglaste Bereich beginnt mit kleinem Winkel am Erdboden, vergrößert sich über den Eingang hinaus und öffnet sich zu einer großen Fensterfläche. Die diagonale Linienführung der Stehfalzdeckung folgt genau dem Winkel dieses Schnittes, so dass sich die schräg nach oben strebenden Linien gegenseitig verstärken.

Am höchsten Gebäude der Schule folgen die Profile der diagonalen Schnittkante zwischen Zinkfassade und Glasfläche.

Farbenspiel

Die Architekten nutzten die unterschiedlichen Oberflächenqualitäten von VMZINC und kombinierten das hellgraue QUARTZ-ZINC mit den PIGMENTO-Oberflächen in den Farben rot und grün, allesamt vorbewitterte Varianten. Ihrer Ansicht nach verleiht das Zink dem Gebäude eine edle Anmutung und einen leichten Eindruck von Strenge. Diesen Eindruck mildern sie allerdings durch die geschwungene Linienführung, die die scharfe Kante zwischen Fassade und Dach aufhebt, etwas ab. Zu viel Strenge sollte es selbst in dem katholischen Wallfahrtsort dann doch nicht sein. Mit 16 Klassenzimmern, drei Laboren und einer Turnhalle stellt das Schulgebäude den Grundschülern des Ortes nun auf jeden Fall eine zeitgemäße und anregende Lernumgebung bereit.

Durch den Einsatz unterschiedlich farbiger Oberflächen aus der VMZINC-Palette wird das Gesamtbild aufgelockert.

Guido Wollenberg

Bildrechte: Pier Mario Ruggeri