Wie ein Ozeandampfer kreuzt ein neues Bürogebäude im 19. Pariser Arrondissement gegen die Wogen der benachbarten Bahngleise an. Doch das von der Architektin Anne Carcelen entworfene Gebäude kämpft auch gegen echte Wellen. Mit einer ungewöhnlichen Außenhülle aus Zink bricht es die Schallwellen des Schienenverkehrs.
Klare Kante
Das Bürogebäude ist der neue Hauptsitz der französischen Behörde für die Erhebung von Sozialabgaben, der URSSAF. Es liegt auf einem Gelände im Quartier Pont de Flandre, das insgesamt 100.000 m² Bürofläche bereitstellt. Früher bestimmtem hier große Lagerhäuser das Bild, heute sind diese dem Dienstleistungssektor gewichen. Die neuen Gebäude schlagen eine Brücke in die Vergangenheit und orientieren sich in Größe und Form an ihren Vorgängern. Das Gelände läuft auf einen Bahnhof des Pariser Nahverkehrs zu. Der URSSAF-Hauptsitz bildet die Spitze dieser Ausrichtung, seine zur Bahnstation blickende Frontseite liebäugelt mit der Schiffsmetapher und ist wie ein Bug geformt.

Holz im Inneren verleiht den Büros Wärme
Das Gebäude reckt sich acht Stockwerke in die Höhe, es wird von einer gemischten Stahlbeton- und Holzkonstruktion getragen. Die Holzstruktur ist in den Innenräumen sichtbar und soll hier mit einem Eindruck von Wärme und Komfort für ein angenehmes Arbeitsklima sorgen. An den beiden Giebelseiten findet sich ein transparenter Mix aus Glas und Aluminium, auch von außen wird so die Holzstruktur sichtbar gemacht.

VMZINC in wechselnder Ausrichtung
Während die Giebelseiten einen gläsernen Durchblick gestatten, ist die Außenhülle der beiden Längsseiten des Bauwerks opak ausgeführt. Eine VMZINC Oberfläche in PIGMENTO rot kleidet hier die Fassade ein. Recht ungewöhnlich ist die Ausführung dieser Fassade. Pro Etage gibt es je zwei Reihen, die in unterschiedlichen Winkeln ausgerichtet sind. Dadurch entstehen horizontale Bänder, die abwechselnd zum Boden und zum Himmel geneigt sind. Diesem Wechsel folgend, bilden die Zink-Paneele eine leicht wellenförmige Fassade.

Außenhülle schützt die Nachbarn vor dem Lärm des Bahnverkehrs
Die wellenförmige Ausführung dient dazu, den Schall der vorbeifahrenden Züge zu brechen und zu verhindern, dass er direkt auf die gegenüberliegenden Wohngebäude zurückgeworfen wird. Parallel zu dieser gesteuerten Reflexion in eine neutrale Richtung wirkt die gewinkelte Oberfläche zusätzlich wie ein Diffusor, der den Lärm des Schienenverkehrs zerstreut und damit insgesamt verringert. Mit dieser akustischen Schutzfunktion übernimmt das Gebäude Verantwortung für das städtische Umfeld, ein Aspekt, dem die Architektin und die Projektentwickler einen großen Wert beigemessen haben. Um die Homogenität des Gebäudes zu wahren, findet sich die besondere Struktur der „Schallschutz-Oberfläche“ auch auf der von den Schienen abgewandten Seite.
Homogener Übergang
Von der Spitze des gerundeten Daches bis zum Fuß der Gebäudeseiten finden sich rund 4.000 m² VMZINC, welche in Stehfalztechnik auf einer Holzunterkonstruktion montiert wurden. Das Dach ist von den Gebäuden der gegenüberliegenden Wohnsiedlung aus zu sehen und übernimmt mit einer gerundeten Zinkhaut die Funktion einer fünften Fassade. Ganz bewusst wählte Architektin Carcelen auch für das Dach die Oberfläche PIGMENTO rot, um eine Kontinuität zwischen Dach und Fassade zu gewährleisten.

Vorausplanung mit BIM
Mit Hilfe des Building Information Modeling (BIM) wurden alle Bauwerksdaten digital erfasst und in ein 3D-Modell überführt. Auf diese Weise ließ sich die komplexe Geometrie des Gebäudes vom Entwurf bis zur Ausführung sicher kontrollieren. So treten beispielsweise die Gaubenfenster im obersten Stockwerk im Verlauf des Gebäudes Stück für Stück weiter aus der Fassade hervor. Mit Hilfe der digitalen Planung war es möglich, jedes Fenstermodul mit leicht geänderten Maßen exakt vorauszuplanen.
Sauberes Finish
Die Umsetzung auf Basis des Building Information Modeling gab der mit den Fassadenarbeiten beauftragten Balas Group die Möglichkeit, die Stehfalzpaneele zu einem Großteil in Vorfertigung in den eigenen Werkstätten zu produzieren. Dieser hohe Vorfertigungsgrad und die digitale Planung bedingten eine sehr genaue Produktion der einzelnen Elemente. Zusammen mit einer sorgfältigen Ausführung ergab sich so ein sauberes Finish ohne unerwünschte Dellen oder Verformungen in den Zinkpaneelen der Außenhaut.

Das richtige Material
Das Credo der Agentur von Architektin Anne Carcelen lautet: „Das richtige Material am richtigen Ort.“ Für das Bürogebäude der URSSAF hat sie mit VMZINC in PIGMENTO rot ein Material gefunden, mit dem sich nicht nur die recht ungewöhnliche Schallschutzfunktion der Gebäudewand umsetzen ließ, sondern auch eine ästhetische, homogene Einheit von Dach und Fassade, die von einem hohen Grad an Vorfertigung unter Ausnutzung von BIM profitieren konnte.

Guido Wollenberg
Bildrechte: Paul Kozlowski