Der einfache Weg zu einer komplexen Fassade

Die Melbourne School of Design scheint auf den ersten Blick von einer aufwendigen Fassadenkonstruktion umhüllt zu sein. Doch der Schein trügt, ein Blick hinter die Kulissen zeigt, dass für das aufsehenerregende Äußere eine relativ einfache Konstruktion aus perforierten Zinkprofilen verantwortlich ist.

Die vorgehängte VMZINC-Fassade verbirgt einen Baukörper, der von hellen Betonflächen und Glas bestimmt wird. Hinter dieser Fassade bleiben die Materialien zwar erkennbar, treten zugunsten der Außenhaut aus walzblankem Zink aber deutlich in den Hintergrund. Nur die unteren beiden Ebenen setzen sich mit großen Glasflächen prominent und unverhüllt vom Zink in Szene. Dem Betrachter eröffnen sie transparente Zugänge ins Innere des Gebäudes.

Melbourne University Faculty of Architecture Building, Victoria (Australia)
Die feststehenden Zinkelemente wurden mit Hilfe der Unterkonstruktion in unterschiedlichen Winkeln ausgerichtet.

Verschattung mit Profil

Die Außenhülle aus walzblankem VMZINC weist einige Besonderheiten auf. Sie besteht aus perforierten Kantprofilen, die in vertikaler Ausrichtung auf einer Unterkonstruktion aus feuerverzinktem Stahl befestigt sind. Der Clou hierbei ist, dass die fest angebrachten Profile in unterschiedlichen Winkeln weg vom Gebäude weisen. Die dadurch bedingte wechselnde Ausrichtung zum einfallenden Licht und ein unregelmäßiger Abstand der Lochungen für die Perforierung ergeben ein sehr lebhaftes Erscheinungsbild mit komplexen Strukturen.

Was von außen bemerkenswert aussieht, hat auch für Studierende und Lehrende im Inneren einen Nutzen. Die Zinkprofile dienen als Sonnenschutz. Diese Verschattung verhindert, dass sich die Innenräume allzu stark aufwärmen und sie entlastet die Klimaanlage, gleichzeitig gestattet sie jedoch durch die Lochung der Zinkprofile den Blick hinaus.

Melbourne University Faculty of Architecture Building, Victoria (Australia)
Die Zinkprofile weisen eine Perforierung mit einem unregelmäßig gewählten Lochabstand auf. Durch diese Transparenz wird der Blick von innen nach außen möglich.

Der frischen Meeresprise getrotzt

Die Melbourne School of Design liegt nur wenige Kilometer von der Küste entfernt, insofern spielte auch die salzige Meeresluft eine Rolle bei der Materialwahl für die Außenhaut. Sowohl die Zink-Paneele als auch die feuerverzinkte Stahlunterkonstruktion können der salzigen Luft über Jahrzehnte Paroli bieten, so dass das hochwertige Aussehen lange erhalten bleibt. Das walzblanke Zink wird im Laufe der Jahre eine zinktypische natürliche Patina entwickeln. Staub und Schmutz werden dabei immer wieder vom Regenwasser weggespült, so dass die vorgehängte Fassade wartungsfrei ihre Optik behält.

Melbourne University Faculty of Architecture Building, Victoria (Australia)
Die auf den ersten Blick aufwendige Fassadenkonstruktion lässt sich durch den Einsatz von VMZINC relativ einfach mit Kantprofilen umsetzen.

Fassadenrecycling á la Down Under

Das vorherige Fakultätsgebäude für Architektur, Bauen und Planung der Universität Melbourne stammte noch aus den 1960er Jahren und war angeblich für seine Hässlichkeit berüchtigt. Es zeichnete sich jedoch durch eine Besonderheit aus: eine eingebundene historische Fassade. Joseph Reed hatte diese für die Bank of New South Wales Ende der 1850er Jahre entworfen. Beim Abriss der Bank im Jahre 1932 rettete man die Fassade und schenkte sie der Universität. Diese ließ sie damals in das Gebäude der Fakultät für Architektur integrieren.

Auch die Teams von John Wardle Architects aus Melbourne und NADAAA aus Boston, die das aktuelle Bauwerk der Melbourne School of Design gemeinsam entwarfen und umsetzten, machten das historische Baudokument wieder zu einem Teil ihres Entwurfs. Umschlossen wird der zwei Stockwerke hohe und knapp 15 Meter breite historische Restbestand nun allerdings von einer Struktur aus Beton, Glas, Stahl und Zink auf insgesamt sechs Ebenen. Auf 15.722 m² finden hier Büros für 200 Mitarbeiter und drei Hörsäle sowie Unterrichts- und Werkstatträume, Ausstellungsbereiche und eine Bibliothek Platz. Insgesamt verfügt das Gebäude über eine Infrastruktur für rund 3.000 Studenten.

Melbourne University Faculty of Architecture Building, Victoria (Australia)
Die Struktur vieler Bauelemente ist frei sichtbar, um den Studierenden einen Einblick in Bauweisen und die Verwendung von Materialien zu ermöglichen. Auch der Aufbau der vorgehängten VMZINC-Fassade ist gut zu erkennen.

Lehre am lebenden Objekt

Die Architekten verfolgten mit ihrem Entwurf auch ein übergeordnetes Ziel. Das Stahl- und Betongebäude soll den Studierenden, die das Handwerk der Architektur erlernen, eine Vielzahl von Architektursystemen präsentieren. So ist die Struktur vieler Elemente frei sichtbar. Möglichst umfangreich wurden pädagogische Aspekte bei der Auswahl und Präsentation von Bauteilen berücksichtigt, so lehrt das Gebäude viel über die Materialien, das Bauwesen und die Kunst der Architektur. Nicht zuletzt zeigt die Melbourne School of Design, welch ein wandlungsfähiges Material Zink ist und wie mit VMZINC komplexe Aufgaben einfach gelöst werden können.

Guido Wollenberg

Bildrechte: peter bennetts photography