Weder Gaube noch Giebel

In diesem Blogbeitrag wollen wir einen Blick auf ein kleines architektonisches Detail werfen, bei dem man nicht genau weiß, ob es schon eine Dachgaube oder noch ein Teil der Fassade ist. Es geht um Zwerchhäuser. Man könnte jetzt meinen, ich habe mich verschrieben, aber mit Zwergen hat dies alles nichts zu tun. „Zwerch“ ist ein alter Begriff und bedeutet „quer“. Es handelt sich bei diesen Bauelementen also um Dachhäuschen in der Häuserflucht unter einem quer zum Hauptfirst verlaufendem Dach.1

Das Renaissanceschloss von Azay-le-Rideau (Frankreich), zwischen 1518 und 1527.
Die Fenster der Zwerchhäuser befinden sich auf Höhe der Traufe und vermitteln so den Übergang von Fassade zu Dach.

Es gibt diese Elemente bereits seit dem Mittelalter und sie konnten bereits damals mehrere Stockwerke hoch sein. Besonders schöne Beispiele für Zwerchhäuser lassen sich in der Architektur der Renaissance finden. Aber auch in der zeitgenössischen Architektur finden sie noch immer Verwendung und helfen, Fassade und Dach miteinander zu verbinden.

Zwerchhaus am Schifferhus und Lotsenhus in Wismar, Architekten: staehr+partner architekten

Position der Fenster

Aus gestalterischer Sicht ist die Positionierung der Fenster entscheidend. Dachgauben befinden sich innerhalb der Dachflächen. Ihre Fensterflächen befinden sich somit immer über der Traufe. Bei Zwerchhäusern ist es jedoch möglich, die Fenster auf Höhe der Traufe zu positionieren. Dach und Fassade verzahnen sich und die Grenze zwischen beiden verschwindet ein wenig.

Die Dachform der Zwerchhäuser kann sehr vielfältig sein, von fast flach über ein Satteldach bis hin zu einem Tonnendach sind dem Gestaltungswillen kaum Grenzen gesetzt. Dies kann auch so weit gehen, dass sich die Elemente sowohl von der Dach- als auch der Fassadenfläche bewusst abheben.

Nicht mehr ganz bündig in der Fassade aber dafür umso interessanter platziert, finden sich diese Zwerchhäuser an der Résidence Le Manoir Gampelen in Gampelen (Schweiz), Architekt: Apart Architekten.
Die fünf Elemente heben sich durch die Bekleidung in ANTHRA-ZINC stark von der in walzblankem Zink ausgeführten Dachfläche und dem hellen Fassadenputz ab.

Dachentwässerung

Ein wichtiger Punkt ist bei der Planung und Ausführung von Zwerchhäusern zu beachten: die Dachentwässerung. Da die Fassadenfläche über die Traufe geführt wird, wird diese Linie unterbrochen. Da man die Regenrinne nicht vor den Fenstern platzieren möchte, muss sie ebenfalls unterbrochen werden. Dies bedeutet, dass die Rinne in mehrere Teilstücke aufgeteilt wird, welche jeweils ein eigenes Fallrohr für die Entwässerung der Dachflächen benötigen. Das klingt aufwendig und ist gestalterisch auch eine Herausforderung, aber in einer gut geplanten Reihung steckt auch eine ästhetische Qualität.

Tesco Supermarket, Sherringham, Norfolk (Großbritannien), Architekten: Wilkinson Eyre Architects.
Die einzelnen Teilstücke der Dachfläche haben jeweils ein eigenes Fallrohr.

Anschlüsse und Details

Aufgrund der vielen aufwendigen Details ist es wichtig, Werkstoffe zu verwenden, die eine sichere und dauerhafte Eindeckung von Zwerchhäusern ermöglichen. Die Anschlüsse der einzelnen Dach- und Fassadenflächen müssen handwerklich fehlerfrei ausgeführt werden. Das gut formbare VMZINC lässt sich gut kanten, falzen und löten. Das Material bietet sich mit seinen vielen verschiedenen Oberflächenqualitäten an, denn es ermöglicht die erforderliche präzise Detailausführung.

Eine präzise geplante und akkurat ausgeführte Interpretation des Themas Zwerchhaus an der Fassade eines Kaufhauses im Zentrum Osnabrücks, Architekten: BÖSS Architekten

Dr.-Ing. Knut König

Bildrechte: Paul Kozlowski, BÖSS-Architekten GmbH und VMZINC

1 Vgl. Wilfried Koch: Baustilkunde, 29. Auflage, Gütersloh/München 2009, S. 494