Die Landesgalerie bittet zum Tanz

Die „Tänzerin von Krems“, so wird die neue Kunststätte der Stadt an der Donau häufig genannt. Jeder Schritt um die Landesgalerie Niederösterreich herum eröffnet eine weitere Ansicht auf die mehrfach gewölbten Fassaden. Mal scheint das Gebäude fast in sich zusammen zu sinken, mal spielt es seine imposante, hoch aufragende Präsenz aus. Das Volumen entzieht sich immer wieder einer umfassenden Einschätzung. Um die nordwestliche Gebäudekante als Achse herum verdrehen und verformen sich die Seitenflächen, das Bauwerk windet sich um sich selbst und verjüngt sich zusätzlich nach oben. Die kreisende Tänzerin lässt ihr Kleid fliegen.

Verdrehte Welt

Laut Bernhard und Stefan Marte, den Vorarlberger Architekten des Bauwerks, ist die Landesgalerie aus einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Ort entstanden. Mit ihrem Büro Marte.Marte Architekten haben die beiden einen Baukörper entworfen, der sich in seiner Grundauslegung im Erdgeschoss in das umliegende städtische Gefüge eingliedert, dessen Stockwerke sich aber immer weiter gegeneinander verdrehen, bis sie in der obersten Ebene zur Donau und zur umgebenden Naturlandschaft hin ausgerichtet sind. Dies verstehen die Architekten auch als einen Willkommensgruß an die Besucher, die in der Regel über die Donau nach Krems gelangen. Rund 450.000 Passagiere betreten hier jedes Jahr den Landesteg.

Galerie d'Art,  Krems (Autriche)
Filigrane optische Verankerung: Durch die großen bogenförmigen Fenster im Erdgeschoss reicht die Zinkfassade nur an den äußersten Gebäudekanten bis zum Boden.

Auf schmalen Füßen

Das Gebäude entwickelt aus einem fast schwebend wirkenden Kontakt zum Boden den Eindruck von Leichtigkeit. Bogenförmige Fensterflächen erstrecken sich im Erdgeschoss auf allen Seiten über die komplette Fassadenlänge. Nur an den äußersten Enden erlauben sie der Zinkfassade, den Boden zu berühren. So wirkt es, als würde die Landesgalerie auf filigranen Pfeilern stehen. Der tragende Kern ist allerdings ein massiver Stahlbetonbau, der ebenfalls vielfach gewölbt ist.

Ausstellungen rund um das regionale Leben

Die oberen Geschosse bieten mit einer geschlossenen, fensterlosen Zinkbekleidung viel Ausstellungsfläche im Inneren. Die Landesgalerie in Krems versammelt auf rund 3.000 Quadratmetern die Landessammlung Niederösterreich sowie wichtige Privatkollektionen und aktuelle Ausstellungen. Dreh- und Angelpunkt aller Programme ist die Lebensrealität der Menschen der Region.

Galerie d'Art,  Krems (Autriche)
Die Landesgalerie Niederösterreich windet sich. Die Seitenflächen verdrehen und verformen sich um die nordwestliche Gebäudekante.

AZENGAR verbindet mit dem Standort

Die mehrschalige, hochgedämmte Fassade wurde mit den besonders hellen VMZINC-Schindeln in der Oberflächenqualität AZENGAR bekleidet. Sie reflektieren die natürlichen Lichtstimmungen und sind ein weiteres Stilmittel, mit dem Marte.Marte Architekten eine Verbindung zwischen Bau und Standort schaffen. Nach einer sorgfältigen Bemusterung diverser Kandidaten konnten die VMZINC-Schindeln auch aufgrund ihrer Wetterbeständigkeit und Langlebigkeit andere Produkte auf die Plätze verweisen. Die generelle Entscheidung für Zink als Material für die Außenhaut fiel aufgrund der guten Verformbarkeit und der guten Energiebilanz.

Galerie d'Art,  Krems (Autriche)
Um eine einheitliche Linienführung am oberen Ende der Fassade zu erzielen, wurden die Schindeln entgegen der gängigen Praxis von oben nach unten verlegt.

Verlegung auf den Kopf gestellt

Mehr als 7.200 rautenförmige 57 x 57 cm große Schindeln wurden speziell für das Projekt angefertigt und bedecken rund 1.500 m² Fassadenfläche. Dabei stellen die in Krems verwendeten Rauten eine Besonderheit dar, denn sie wurden – entgegen dem üblichen Vorgehen – von oben nach unten verlegt. Die beiden Architekten legten besonderes Augenmerk auf eine einheitliche Linienführung am oberen Ende der Fassade. So oblag es VMZINC, die Konstruktion der Schindeln für eine Verlegung von oben nach unten anzupassen.

Galerie d'Art,  Krems (Autriche)
Die 57 x 57 cm großen AZENGAR-Schindeln mussten von VMZINC für eine Verlegung von oben nach unten modifiziert werden.

Werden die Rauten entsprechend dem üblichen Vorgehen von unten beginnend verlegt, wird die jeweils folgende obere Reihe in die schon verlegten Rauten eingehangen und kommt über diese zu liegen, so dass eine wasserdichte Oberfläche entsteht. Für Krems wurden die Schindeln so modifiziert, dass die unteren Schindeln stattdessen in die oberen eingeschoben werden können, dafür besitzen die Schindeln eine zusätzliche Kantung.

Im Paillettenkleid zur exzellenten Architektur

In Lokalpresse und Bevölkerung wird die Landesgalerie gerne als „Tänzerin von Krems“ oder „Tänzerin im Paillettenkleid“ bezeichnet. Die außergewöhnliche, sich nach oben verwindende Form des Bauwerks und die Fassade aus hell glitzernden Zinkschindeln sind eine prägende Verbindung eingegangen, die viel Gesprächsstoff bietet. Sie wurde übrigens jüngst mit dem German Design Award 2020 im Bereich „Excellent Architecture“ ausgezeichnet.

Galerie d'Art,  Krems (Autriche)
Ausgezeichnet: Die Landesgalerie Niederösterreich in Krems erhielt den German Design Award 2020 in der Kategorie „Excellent Architecture“.

Guido Wollenberg

Bildrechte: Faruk Pinjo und VMZINC