Ein brausender Wind diente schon als Ausgangspunkt für so manche künstlerische Betätigung. Die Architektur, eher auf dauerhafte und feste Formen abonniert, fällt einem da nicht als Erstes ein. Doch über den Mont-Royal fegt ein Wind, der seine Spuren sogar in der Baukunst hinterlassen hat. Das Atelier Urban Face fand hier die Inspiration zu drei kleinen Kioskgebäuden. Die Kiosques du Mont-Royal dienen der Erschließung eines Erholungsgebietes auf dem Hausberg der kanadischen Stadt Montreal. Sie liegen inmitten des Mont-Royal Parks und sind ein beeindruckendes Beispiel für die Mikroarchitektur, die wir vor einiger Zeit in diesem Blog vorgestellt haben. Durch ihre zurückhaltenden Ausmaße wahren sie die Integrität des Berges. Mit großen Glasflächen an den schmalen Seiten fügen sie sich offen in die Landschaft ein.

Geneigte Momentaufnahme
Die Kiosques du Mont-Royal sind eine Momentaufnahme, gemacht, um die Kraft des Windes einzufrieren. In unterschiedlichen Neigungswinkeln lehnen sich die kleinen Parkgebäude in Richtung eines Sees und verweisen so auf unterschiedliche Windstärken. Eine Stahlkonstruktion im Inneren gibt den Gebäuden die Stabilität für ihre Neigung. Das Gebäude mit der geringsten Neigung von 10 Grad dient als Aufenthaltsraum für Besuchergruppen. Der um 20 Grad geneigte Kiosk beherbergt Werkzeuge und Ausrüstung für den Parkdienst und eine Erste-Hilfe-Station. Der mit 30 Grad am stärksten geneigte Kiosk schließlich dient hauptsächlich als Ticketbüro. Das Atelier Urban Face hat die Anordnung der drei kleinen Gebäude einem Weiler nachempfunden. Die kleine Ansiedlung soll bei den Besuchern des Parks ein Gefühl von Interaktion und Gemeinschaft fördern.

Das Licht stärkt die Verbindung
Neben der Bewegung des Windes verleihen die drei Kioske noch einer weiteren Bewegung Ausdruck, und zwar der Bewegung des Lichts. Anders als der Wind, der anhand unveränderbarer Formen sichtbar gemacht wird, tritt das Licht jedoch mit größerer Vielfalt in Erscheinung. Die Grundlage dafür ist eine Eindeckung mit VMZINC Flatlock Profilen in der Oberflächenqualität QUARTZ-ZINC. Die helle Zink-Oberfläche an Längsseiten und Dach reagiert auf Lichtstimmung und Lichteinfall. Mit dem Lauf von Tages- und Jahreszeiten kann sie strahlend hell oder auch dunkel und kühl wirken. Dieser Wandel verbindet die Gebäude mit der wechselnden Atmosphäre der kleinen Lichtung in Seenähe, auf der sie sich versammeln.

Nahtloser Übergang vom Dach in die Fassade
Rund 45 m² Dach- und Fassadenfläche je Kiosk reichen, um die Gebäude einzudecken. Doch auch auf kleinstem Raum lassen sich außergewöhnliche Ideen umsetzen. Die Zinkprofile gehen vom Dach nahtlos in die Fassade über und laufen sogar diagonal über diese Grenze hinweg. So diagonal wie sich die Gebäude neigen, sind auch die Zinkprofile verlegt. Sie spiegeln quasi die Stärke des Winddrucks, unter dem sich das jeweilige Gebäude neigt, mit ihrer Linienführung wider. Möglich wird dies durch die Flexibilität des VMZINC Flatlock Systems, das sowohl bei der Größe der Schindeln als auch bei der Montagerichtung viel Spielraum gestattet.

Laternen für lange Nächte
An den kurzen Giebelseiten der drei Gebäude finden sich Glasfronten. Diese sind mit dunkelgrauen ANTHRA-ZINC Profilen eingefasst, die einen markanten Kontrast zu den helleren Flatlock Profilen bilden. Die Glasflächen an den schmalen Seiten der Kioske gestatten einen Durchblick, der das beleuchtete Innere in der Dunkelheit wie übergroße Laternen wirken lässt.

Guido Wollenberg
Bildrechte: Fany Ducharme