Die Ästhetik des Unsichtbaren

Sind Flachdächer eine Erfindung des letzten Jahrhunderts? Man könnte dies fast glauben, denn mit dem Bauhaus, der Moderne und dem International Style eroberte sich diese Dachform endgültig ihren Platz in der Architektur. Die Entwicklung und Verbesserung der Werkstoffe, wie beispielsweise EPDM, halfen hierbei nochmals in den letzten Jahrzehnten.

Es gibt viele Gründe, die für oder gegen die Verwendung eines Flachdachs sprechen können. Man könnte die Nutzung der Räume unter oder die der Flächen auf einem Dach diskutieren. Über städtebauliche und ökonomische Argumente ließe sich ebenfalls lang debattieren. Für all dies reicht ein Blogtext nicht aus. Wir wollen an dieser Stelle nur einer Beobachtung nachgehen, welche sich aus der Betrachtung historischer Bauten ergibt. Es ist die der Sichtbarkeit eines Daches.

Louvre, Paris, Ostfassade, Claude Perrault, 1667 – 1674
Die Dachfläche ist für den Betrachter nicht sichtbar.

Eine klare Form

Ein Blick in die Architekturgeschichte zeigt, dass sich die Baumeister vergangener Epochen bereits mit der Thematik der Sichtbarkeit von Dächern auseinandergesetzt haben. Dabei gelang immer wieder der Versuch, ein Dach zu verbergen. So erscheinen die Fassade des Louvre oder die Gartenfassade des Schlosses von Versailles nur als rechteckige Form vor einem quaderförmigen Baukörper. Das 17. Jahrhundert kannte aber noch keine Werkstoffe, wie Flachdachbahnen. Daher wurden die Dächer auf beiden Gebäuden als flachgeneigte Bleidächer ausgeführt, welche hinter einer Attika verschwinden und für einen ebenerdigen Betrachter nicht mehr sichtbar sind. Es scheinen vor allem ästhetische Gründe gewesen zu sein, die für die Wahl dieser Ausführung gesprochen haben.

Stehfalzdeckung in QUARTZ-ZINC auf einem Museum in Castellon (Spanien), Architekt: Emilio Tunon, Luis Moreno Mansilla

Es gibt eine weitere elegante Lösung, den Baukörper als Quader wirken zu lassen. Das Dach verschwindet für den Betrachter, indem die Flächen als Pultdach ausgeführt werden und einfach ins Gebäudeinnere neigen. Dies funktioniert am einfachsten, wenn das Bauwerk über einen Innenhof verfügt. Gezeigt hat dies bereits Karl Friedrich Schinkel bei der Bauakademie in Berlin.

Kulturzentrum in Reinosa (Spanien), Architekt: RAW / deAbajoGarcia
Die Dachflächen sind nach innen geneigt und von außen nicht zu erkennen.

Dachneigungen

Je flacher ein Dach ist, desto weniger sichtbar wird die Dachfläche. Die minimal mögliche Neigung wird bestimmt durch die klimatischen Bedingungen am Standort sowie durch die verwendeten Materialien in Verbindung mit den genutzten Bedachungstechniken. So erklären sich beispielsweise die flachen Ziegeldächer im Mittelmeerraum.

Besonders flache Neigungen lassen sich sicher mit Metallen eindecken. Bereits in der Antike verwendete man für diesen Zweck Blei. Später kam Kupfer hinzu und seit dem 19. Jahrhundert ist es auch möglich, mit Zink flachgeneigte Dächer sicher einzudecken. In unserem Blogeintrag zu den Dächern der Stadt Paris haben wir bereits einen Blick auf die Anfänge der Verwendung dieses Werkstoffs im Zusammenhang mit flachen Dachneigungen geworfen.

Zinkdach auf einem Golfklub in Terrassa (Spanien), Architekt: Carlos Ferrater

Elegant von allen fünf Seiten

Für ganz flach geneigt Dächer werden Metalle und somit auch Zink heute selten verwendet. Dies kann sich jedoch ändern, wenn die Dachfläche von einem höheren Standpunkt aus einsehbar ist. Die klare Gebäudeform soll bewahrt bleiben, die Dachfläche will aber ebenfalls ansprechend gestaltet sein. Das Dach wird so im wahrsten Sinne zur fünften Fassade. Linienführung und Oberflächen spielen auf der flachen Fläche wieder eine Rolle. Die verschiedenen vorbewitterten Oberflächen von VMZINC in Verbindung mit einer Stehfalzdeckung können hier die Antwort sein. Bei einem Bauwerk, welches ebenerdig als Quader erscheinen und dennoch eine gegliederte, ästhetisch anspruchsvolle Dachfläche besitzen soll, ermöglicht Zink eine Eleganz an allen fünf Fassaden.

Eigentlich ein Fassadenmaterial: ein flachgeneigtes Dach mit Großrauten aus QUARTZ-ZINC und einer Unterdeckung auf einem Bankgebäude in Frankfurt. Architekt: Franzke

Dr.-Ing. Knut König

Bildrechte: Paul Kozlowski, Montse Zamorano Architecture Photography und VMZINC