Ein Meer aus Zink

In unserem Beitrag Bedachung mit Struktur hatten wir bereits kurz die Entstehung der Leistendeckung beleuchtet. Es lohnt durchaus, hier anzusetzen und den Einsatz dieser Bedachungstechnik anhand der Pariser Dächer zu betrachten.

les halles klein
Die Pavillons der alten Markthallen von Paris (Architekt: Victor Baltard, ab 1852) hatten ein Zinkdach

Die Dächer der Stadt Paris stellen in Bezug auf den Werkstoff Zink eine Besonderheit dar. In keiner anderen Stadt wurde das Material in so großem Umfang eingesetzt. Es ist ein wichtiger Teil der das Stadtbild prägenden Pariser Dächer. Diese sind fast durchgehend Mansarddächer, wofür es einen einfachen Grund gibt. In der Stadt Paris herrschte wohl zu allen Zeiten ein Wohnungsmangel, die Nutzung des Dachraums war also eine Notwendigkeit. Dieser lässt sich am besten nutzen, wenn man ein Dach mit geknickten Dachflächen wählt. Und noch besser lässt sich der Raum unter dem Dach nutzen, wenn der steile Teil dabei sehr steil und der Flache sehr flach ist.

Toitures de Paris
Die typische Pariser Dachform: Schiefer im steilen Teil der Mansarddächer, Zink im flachgeneigten Teil

Stadtumbau im 19. Jahrhundert

Im Zuge der Stadtumgestaltung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden sehr viele Häuser und damit auch Dächer neu errichtet. Für den steilen, sichtbaren Teil der Bedachung wählte man oft Schiefer, ein Material, das bereits auf den herrschaftlichen Hôtels der Stadt Verwendung fand und farblich sehr gut mit den Natursteinfassaden harmonierte. Eine wirklich flache Dachneigung konnte zu dieser Zeit nur mit Metalleindeckungen verwirklicht werden. Hier bot sich, nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Gründen, das verhältnismäßig neue Material Zink an, für das es seit Mitte des Jahrhunderts mit der Leistendeckung auch eine Bedachungstechnik gab, die eine dauerhafte Eindeckung garantierte.

Die Firma Vieille Montagne, die heute ein Teil von VM Building Solutions ist, war zu dieser Zeit einer der Hauptlieferanten für die Zinkbleche der Pariser Dächer. Aus den Anfangsbuchstaben V und M wurde in Verbindung mit dem Material Zink der Name für die Marke VMZINC.

Toitures de Paris
Die umfassende Verwendung des Materials Zink wird erst aus der Vogelperspektive ersichtlich

Vogelperspektive

Interessant ist, dass die Zinkbedachungen im flachgeneigten Teil der Dächer von der Straße oft gar nicht richtig zu erkennen sind. Befindet man sich aber auf einem erhöhten Standpunkt, kippt plötzlich das ganze Bild und ein Meer aus Zinkdächern wird sichtbar. Bei einer einheitlichen Traufhöhe und Dachform entsteht so ein unverwechselbares Stadtbild. Hierzu trägt das Material Zink mit seiner Farbe und der Struktur der Leistendeckung entscheidend bei.

Vues de Paris (France)
Nicht alle Dächer sind in Paris Mansarddächer, aber fast alle Dächer sind mit Zink eingedeckt. Auch aus der Ferne ist die Struktur der Leistendeckung noch gut zu erkennen

Dr.-Ing. Knut König

Bildrechte: Paul Kozlowski, shutterstock, VMZINC