Musikliebhaber wissen, nicht nur die Töne machen die Musik, es kommt auch auf die Pausen an. Gebäude mit perforierten Fassaden funktionieren nach einem ähnlichen Prinzip: Für das Gesamtbild ist entscheidend, was weggelassen wird. Das Gesundheitszentrum im südfranzösischen Onet-le-Château zeigt, wie das Architekturbüro CL Architecture Lochmuster nutzt, um auf Fassadenflächen aus Zink Bilder entstehen zu lassen.

Verwirrspiel
Die meisten Besucher werden die kunstvollen Muster an den Fassaden des Gesundheitszentrums wohl zunächst für eine Abbildung von Bäumen und Zweigen halten. Das liegt nahe, denn Gesundheit und Natur werden gerne in einen Zusammenhang gestellt. Doch das Team von CL Architecture, welches für das Gebäude verantwortlich zeichnet, hat sich ein Verwirrspiel mit den Betrachtern gestattet. Tatsächlich bilden die Lochmuster auf den perforierten Fassadenflächen Blutgefäße ab, welche sich vielfach verzweigen. So ist das Erscheinungsbild der Außenhülle fest mit der Funktion als Gesundheitszentrum verknüpft.
Geteilte Infrastruktur als Anziehungspunkt
Das Zentrum entstand Mitte 2019 als Teil eines Stadterneuerungsprojektes in Onet-le-Château. Das Projekt soll dem Ärztemangel auf dem Land entgegenwirken und setzt darauf, dass medizinisches Fachpersonal von den Vorteilen einer gemeinsam genutzten Infrastruktur genauso angezogen wird wie die Patienten. In dem Gebäude mit einer Nutzfläche von rund 820 m² finden sich diverse medizinische Fachrichtungen, so siedelten sich zunächst neben Allgemeinmedizinern und Physiotherapeutinnen beispielsweise auch Augenärztinnen, Ernährungsberater oder Hebammen an. Ein 125 m² großer Ausbau im Jahr 2021 schuf dann weiteren Platz für zwei Zahnarztpraxen.

AZENGAR auf allen Seiten
Das Gebäude besteht aus zwei miteinander verbundenen, zweigeschossigen Flügeln. Die Obergeschosse sind als Pultdächer ausgeführt. Das gesamte Gebäude ruht auf einem Betonsockel, welcher ein Untergeschoss mit einer Parkgarage beherbergt. Die darüberliegenden Etagen sind aus Brettsperrholzplatten (CLT / Cross Laminated Timber) errichtet. Solche CLT-Platten bestehen aus kreuzweise verleimten Holzplatten und eignen sich für schnelle und präzise Trockenbauweisen.
Außen sind die beiden Flügel mit VMZINC in der gravierten Oberfläche AZENGAR bekleidet. An den Längsseiten beider Gebäude wurden Zinkscharen in Stehfalzdeckung verlegt. Auch eine der kurzen Seiten ist in Stehfalzdeckung ausgeführt. Doch alle Fassadenflächen an der vierten Seite, welche nach Nord-Westen ausgerichtet ist, besitzen eine Außenhülle aus perforiertem Zink. Auf jeder dieser insgesamt drei Flächen findet man eine individuelle Umsetzung der verzweigten Blutgefäße – kein Muster wiederholt sich. Auch der perforierte Bereich ist in AZENGAR ausgeführt, der hellsten auf dem Markt verfügbaren Zinkoberfläche. Sie bildet das verbindende Element der gesamten Außenhülle und bietet ein der südlichen Sonne angemessenes leuchtendes Erscheinungsbild.

Klimaanlage ohne Energieverbrauch
Die vorgelagerten Fassadenflächen aus perforiertem Zink wurden nicht allein des optischen Effektes wegen verwendet. Hinter dem gelochten Blech finden sich großflächige Glasfassaden, wie es bei solchen Konstruktionen oft die Regel ist. Gelochte Bekleidungssysteme verringern durch die Verschattung eine Aufheizung des Gebäudes über die großen Glasflächen und tragen so dazu bei, dass der Einsatz von Klimaanlagen durch eine natürliche Temperaturregulierung reduziert werden kann. Und während ein solcher Sonnenschutz die Wärme abmildert, lässt er doch gleichzeitig das natürliche Tageslicht ins Innere der Gebäude.

Auf den Durchmesser kommt es an
Zink ist für dieses Spiel mit perforierten Flächen besonders gut geeignet, da es eine natürliche Patina bildet. So besteht auch an den Schnittkanten der Löcher keine Korrosionsgefahr. Perforierte Verkleidungssysteme verfügen dadurch über die gleiche lange Lebensdauer wie opake Zinkfassaden.
Allerdings gilt es darauf zu achten, dass der Lochdurchmesser mindestens 5 mm beträgt. Sonst könnte bei Regen oder Schnee langfristig Wasser in den kleinen Löchern verbleiben und mit der Zinkoberfläche reagieren. Aufgrund dieser Mindestgröße benötigt man eine entsprechend große Fläche, wenn man ganze Bilder darstellen möchte. Die Wände des Gesundheitszentrums in Onet-le-Château zeigen, welchen Detailgrad man auf diese Weise erreichen kann.
Detaillierte Bilder erfordern millimetergenaues Arbeiten
Damit eine solche Fassade tatsächlich funktioniert, muss der verarbeitende Betrieb entsprechend sorgfältig und sauber vorgehen. Gerade bei den recht fein verlaufenden Linien der Blutgefäße mussten die einzelnen Zinkelemente millimetergenau geplant und ausgerichtet werden. Diese Aufgabe hat der ortsansässige Betrieb SAS Paul Barriac übernommen und sehr präzise ausgeführt.
Ohne die passenden Maschinen geht es nicht
Durch eine Perforation lassen sich in einen opaken Werkstoff wie Zink transparente Bereiche einfügen. Der Grad dieser Transparenz beinhaltet viel individuellen Gestaltungsspielraum. Je nachdem wie aufwendig es sein soll, können einfache grafische Elemente oder auch komplette Bilder als Lochmuster umgesetzt werden. Die Möglichkeit, Zinkelemente mit entsprechend detaillierten Lochbildern zu produzieren, erfordert auf Herstellerseite allerdings eine passende Ausstattung. Maschinen, die entsprechende Vorlagen einlesen und in Lochbilder auf perforiertem Blech umwandeln können, sind nur bei wenigen Unternehmen zu finden. Bei VMZINC ist das der Fall. Nicht zuletzt, weil Zink das optimale Material ist, um solch außergewöhnliche Fassaden herzustellen.
Weitere Informationen über Außenhüllen mit Lochmustern finden Sie in diesem Blogbeitrag.

Guido Wollenberg
Bildrechte: Paul Kozlowski