Eine Reise zum Kap Horn

Der Geist des Hafenlebens weht noch immer durch das Stadtviertel Bacalan in Bordeaux. Die Bassins à flot prägten und prägen den Charakter des traditionellen Reviers der Hafenarbeiter. Diese „Flutbecken“ sind über eine Schleuse an die Garonne angeschlossen, die nördlich von Bordeaux in den Atlantik mündet. Der schnelle Zugang zum Meer machte die Bassins à flot besonders im 19. Jahrhundert zu einem attraktiven Binnenhafen für Schiffe mit Handelswaren aus aller Welt. Doch in Bacalan, das von einer hohen Arbeitslosigkeit betroffen ist, gibt es durchaus auch Bereiche mit Modernisierungsbedarf. Direkt am Wasser hat ein Stadterneuerungsprojekt nun eine Fläche von 35.000 m² erschlossen. Das „Quai de Caps“ genannte Areal erstreckt sich über eine Länge von rund 600 Metern an der süd-westlichen Seite der Bassins à flot entlang und wurde entworfen, um einen wirtschaftlichen und kulturellen Wiederaufstieg des Viertels einzuleiten.

Der Name ist Programm

Das Quai de Caps beherbergt vier große Gebäudekomplexe, die jeweils nach einem bekannten und für die Schifffahrt wichtigen Kap benannt sind. Hier findet sich das Cap Leeuwin (Australien), das Cap Comorin (Indien), das Cap de Bonne Espérance (Südafrika, dt. Kap der Guten Hoffnung) und schließlich auch das Cap Horn (Chile). Jedes Cap wurde von einem anderen Architektenteam mit einer eigenständigen Identität entwickelt. Die Gebäude beherbergen Büro- und Geschäftsflächen, ein Hotel, ein Multiplex-Kino mit 13 Sälen und ein Parkhaus.

Die Dächer schwingen sich zu einem hohen Turm auf. Die steile Seite des Turms wirkt wie eine Mischung aus Dachfläche und Fassade.

Bürobetrieb am Cap Horn

Für das Projekt Cap Horn zeichnet das Team von Chartier Dalix verantwortlich. Es umfasst Büroflächen von rund 8.390 m² und im Erdgeschoss Einzelhandelsflächen von rund 1.500 m². Dächer und Fassaden des Büro- und Geschäftsgebäudes setzen auf eine Außenhülle aus QUARTZ-ZINC und dafür gibt es neben den ästhetischen und funktionalen Eigenschaften von VMZINC noch einen ganz eigenen Grund.

Auf den Spuren von Jules Verne

Rund 200 km östlich des echten Kap Horns gelegen, gab es auf der windgepeitschten Isla de los Estados einen alten zerfallenen Leuchtturm. Neben seiner Lage in den extremen Gewässern rund um das Kap Horn kann er eine weitere Besonderheit aufweisen. Er inspirierte Jules Verne zu seinem Roman „Der Leuchtturm am Ende der Welt“. In einem wagemutigen Projekt wurde dieser Leuchtturm im Jahr 1998 wieder aufgebaut. VMZINC wirkte dabei als einer der Sponsoren. Das Gebäude erhielt ein Dach aus QUARTZ-ZINC. Die gleiche Oberfläche ziert nun im weit entfernten Bordeaux das neue Cap Horn am Quai de Caps und schafft so eine Verbindung zum Leuchtturm am Ende der Welt.

Die beiden Türme bieten im obersten Stockwerk einen offenen Aussichtsbereich

Die zwei Türme

Das Projekt Cap Horn besteht aus drei parallel liegenden Gebäudeteilen, die nahtlos miteinander verbunden sind. Die beiden großvolumigen äußeren Teile umschließen einen mittleren Bereich, der einer Außenterrasse Platz bietet. Sie ist über dem ersten Stockwerk angeordnet und nimmt den größten Teil des mittleren Bereichs ein. Der Boden besteht aus einem Holzbelag, der farblich gut zum Zink passt. Die beiden umschließenden Gebäudeteile sind einerseits zur Wasserfläche und andererseits zur Stadt hin ausgerichtet. Diese beiden äußeren Teile stellen den Hauptanteil an Nutzfläche bereit und gehen jeweils in einen Turm über. Einander diagonal gegenüberliegend, erheben sich diese Türme an entgegengesetzten Seiten des Gebäudes in eine Höhe von acht beziehungsweise neun Stockwerken. Die beiden Türme bringen ein vertikales Element in die ansonsten eher horizontale Silhouette des gesamten Quai de Caps und gestatten den Blick auf die Wasserbecken, die Garonne und die Landschaft im Hintergrund.

Die Scharen reichen über die gesamte Länge der jeweiligen Dachfläche. So entsteht ein ruhiges und fließendes Bild.

Gutes Klima durch Zinkrippen

Die Außenfassaden der beiden beturmten Gebäudeteile sind durch einen Mix aus opaken Zink- und transparenten Fensterflächen gekennzeichnet. Breite Rippen aus Zink sind so in die Fassade integriert, dass sie als Sonnenschutz zu einer Abschattung der Innenräume beitragen. Sie laufen an den Längsseiten vom ersten Stockwerk aus über die gesamte Gebäudehöhe. Der Mix aus Zink, Verglasung und Verdunkelungselementen variiert je nach Ausrichtung der Fassadenseiten, um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen einem angenehmen Klima an heißen Tagen und einer guten Aussicht in die Umgebung zu gewährleisten.

Turmaufstieg

In Anlehnung an die industrielle Vergangenheit des Standorts entschieden sich Chartier Dalix dafür, das Cap Horn mit Zink zu bekleiden. An Dach und Fassade findet sich eine QUARTZ-ZINC Oberfläche in Stehfalztechnik. Die Dachflächen der beiden äußeren Gebäudeeinheiten bestehen jeweils aus drei gestaffelten Einzeldächern, die ohne einen optischen Bruch ineinander übergehen. Das Zink wurde hier in langen Scharen verlegt, die alle die gleiche Scharbreite aufweisen. Jeweils an einem Ende steigen die zunächst eher flach verlaufenden Dächer in einem steilen Winkel – aber nicht senkrecht – zum sich anschließenden Turm empor.

Nur in der Frontalansicht fällt der Blick frei auf die Fensterflächen

Eine Frage des Standpunkts

Beide Türme bieten im obersten Stockwerk einen Aussichtsbereich. Von hier eröffnet sich ein Blick auf die unterhalb liegende Dachlandschaft des Gebäudes, die durch gleichbleibende Maße und einheitlich verlaufende Scharen eine ruhige Ausgeglichenheit vermittelt. Dieser Eindruck setzt sich auch an den Fassaden fort. Das Gebäude wirkt insgesamt sehr harmonisch und stimmig, wobei Längs- und Stirnseiten jeweils unterschiedliche Akzente setzen. Die Stirnseiten, in die schmale Fenster eingelassen sind, weisen eine vom Standpunkt unabhängigere Erscheinung auf. Die Längsseiten wandeln ihr Bild jedoch durch die fast gebäudehohen breiten Zinkrippen sehr stark in Abhängigkeit vom Betrachtungswinkel. Schaut man direkt von vorne auf diese Seiten, ist deutlich ein großer Fensterflächenanteil erkennbar. Aber aus einem schrägen Winkel betrachtet, scheinen die Fenster hinter den Rippen zu verschwinden und eine vertikale Rasterung wird zum bestimmenden Element.

Variationen mit eigenem Charakter

Das Cap Horn auf dem Quai de Caps zeigt, dass sich trotz einer einheitlichen QUARTZ-ZINC Oberfläche in Stehfalztechnik die Außenhülle vielfältig variieren lässt. Die Dächer, die Längs- und die Stirnseiten des Gebäudes entwickeln trotz ihrer Gemeinsamkeiten einen jeweils eigenen Charme und Character, doch alle fügen sich zu einem stimmigen Gesamtkonzept zusammen.

Die Türme des Cap Horn überblicken den gesamten Quai des Caps

Guido Wollenberg

Bildrechte: Paul Kozlowski