Es ist schon etwas Besonderes, dass ein japanischer Architekt in die bayerischen Berge bei Garmisch-Partenkirchen reist, um sich dort Gedanken über ein Meditationshaus zu machen. Eingeladen hatte ihn der Inhaber des Hotels „Das Kranzbach“, weil er für seine Gäste einen Ort zum Abschalten errichten wollte, einen Rückzugsort mitten im Wald, gelegen in absoluter Ruhe und nur über Fußwege erreichbar. Es sollte kein gewöhnliches Gebäude sein, sondern eher an einen Tempel oder eine Kapelle erinnern. Vor allem aber sollte es sich in die umgebende Natur einfügen, anstatt sie zu dominieren.

Eins mit dem Wald
Der japanische Architekt Kengo Kuma hat die Aufgabe übernommen, die Vision in die Tat umzusetzen. Kuma ist dafür bekannt, Landschaftsformen und umgebende Natur auf sehr sensible Weise mit seinen Bauwerken aus Holz zu verbinden. Mehrere Stunden ist er in den Waldstücken rund um das Hotel unterwegs gewesen, um einen passenden Ort auszuwählen. Von vorneherein hatte Kuma ein Konzept im Sinn, welches das Gebäude mit dem Wald verschmelzt, so dass die Gäste sich als Teil dieses Waldes wahrnehmen können. Das Architekturbüro Studio Lois aus Innsbruck hat die Ausführungsplanung sowie die Material- und Detailabstimmung für das bautechnisch höchst diffizile Bauwerk verwirklicht.

Holz für innen und außen
Einen wichtigen Bestandteil des Gebäudes bildet das Holz der heimischen Weißtanne, die auch im Gebiet rund um das neue Gebäude zu finden ist. Es ist ein gleichmäßig gewachsenes Holz, ausgewählt, um einen sanften und leisen Eindruck zu vermitteln. Aus diesem Holz wurden rund 1.550 Schindeln angefertigt und zu einem Kunstwerk verwoben. Die aufrecht eingesetzten und sich in Lagen kreuzenden Tannenbretter bilden nicht nur einen Teil der Gebäudefassade, sondern auch die Wände im Inneren. Hier grenzen sie den Meditationsraum, die Tee-Lounge, den Eingangsbereich und die Sanitäreinrichtungen voneinander ab. Durch bodentiefe Glasfenster an drei Seiten des rund 160 m² großen Gebäudes ist die komplexe Holzstruktur im Inneren auch von außen sichtbar. So erscheint der Übergang vom Wald in den Meditationsraum fließend. Von den Wänden ziehen sich diese Holzstrukturen bis in die Decke. Unterhalb der eigentlichen Dachkonstruktion sind ebenfalls hunderte Holzschindeln verbaut.

Wissenstransfer
Bei der Arbeit mit dem Holz hat ein lokaler Handwerksbetrieb unter der Anleitung Kumas auch auf japanische Bauweisen zurückgegriffen. Die Verbindung der einzelnen Bretter ist an Techniken angelehnt, wie sie in japanischen Schreinen zu finden sind. Der Bau war für die beteiligten Handwerker der Firma Josef Frank Bedachungen aus Mittenwald kein alltäglicher Job, die Zusammenarbeit mit Kengo Kuma hat alle begeistert. Die Gelegenheit, mitten in einem deutschen Wald ein Gebäude mit fernöstlichem Flair nach dem Entwurf eines derart bekannten japanischen Architekten zu errichten, war sicher einmalig.

Ein Dach im Wald
Auf dem Dach ist das Meditationshaus mit samtgrauen Schindeln gedeckt. Das österreichische Unternehmen FilliStahl hat dafür sein FIGO Dachplatten-System geliefert. Die einzelnen Schindeln werden mit bereits vormontierten Befestigungshaften und umlaufenden Profilgebungen für einen sicheren Verbund gefertigt. So können Arbeitsschritte eingespart und eine maximale Sturmsicherheit gewährleistet werden. Die Schindeln des Dach- und Fassadenplatten-Systems bestehen in der Standardausführung aus einem veredelten Stahl. Doch hier wurden sie auf gemeinsamen Wunsch von Hotelinhaber und Architekt aus der vorbewitterten VMZINC-Oberfläche QUARTZ-ZINC gefertigt. Für die beiden machte die ausgeprägte Nutzung von Zink auf sakralen Bauten und denkmalgeschützten Bauwerken den Werkstoff zur passenden Wahl. Darüber hinaus harmoniert QUARTZ-ZINC sehr gut mit den Farbgebungen und dem Lichtspiel im Wald sowie mit dem frisch verbauten Weißtannen-Holz des Meditationshauses. Und auch wenn die Tannenbretter im Laufe der Zeit durch die Witterung eine eher silbrig-graue Färbung annehmen, passen die Farbtöne noch hervorragend zueinander.
Zurück zur Natur
Nachdem das Meditationshaus seinen Platz gefunden hatte, war die Arbeit allerdings noch nicht getan. Mit großem Aufwand wurde der Zufahrtsweg für die Baufahrzeuge renaturiert. Sogar mehrjährige Bäume wurden auf dem ehemaligen Weg gepflanzt, um die Spuren der Arbeit zu verwischen und die Einbindung des kleinen Bauwerks in die Natur perfekt zu machen.

Guido Wollenberg
Bildrechte: Anneliese Kompatscher