Pixelkunst statt Synthesizer

Wer mit der Musikgeschichte der 1980er Jahre vertraut ist, dem ist vielleicht auch die englische Stadt Basildon ein Begriff. Denn hier liegen die Wurzeln der Synthie-Pop Legende Depeche Mode. Noch während sie in Basildon die Schulbank drückten, entwickelten die Jungs ihre ersten musikalischen Ideen. Der Verfasser einer Biografie über die Band vertritt sogar die These, dass die Trabantenstadt vor den Toren Londons den Achtziger-Jahre-Sound von Depeche Mode entscheidend geprägt hat. Basildon wurde im Jahr 1949 als eine der ersten englischen Städte zu einer sogenannten „New Town“ umgestaltet. Es sollte den Londonern als Ausweichmöglichkeit für die ausgebombte Hauptstadt dienen. Die Bandmitglieder gehörten zur ersten Generation von Kindern, die in und mit der durchgeplanten „New Town“ aufwuchsen.

In Basildon ist ein neues Multiplex-Kino entstanden. Es soll Besucherinnen und Besucher wieder ins Zentrum der Stadt locken.

Wiederbelebung per Multiplex

Etwa zur selben Zeit wie die ersten Hits von Depeche Mode entstand im Zentrum von Basildon das „Eastgate“. Zu Beginn der 1980er Jahre war es eines der größten Indoor Shopping Center Europas. Damals erweiterte und ersetzte es den bisherigen Mittelpunkt der Stadt. Doch das Einkaufszentrum hat seine Attraktivität schon lange verloren, die Besucherinnen und Besucher bleiben aus. Der Stadtrat hat zur Wiederbelebung ein Infrastrukturprojekt ins Leben gerufen. Es soll die lokale Wirtschaft ankurbeln, neue Arbeitsplätze schaffen und den Publikumsverkehr in der Innenstadt am Tage und am Abend wieder erhöhen. Im Mittelpunkt des Projektes steht ein neues Multiplex-Kino. Es verfügt über 10 Kinosäle sowie sechs neue Restaurants, Bars und Cafés mit Außengastronomie. Mit rund 500 Plätzen ist im Gebäude auch die größte Kinoleinwand in der Grafschaft Essex zu finden.

Die sechseckigen Formen sollen an Pixel erinnern. Vereinzelt treten dreidimensionale Schindeln aus der Fläche hervor.

Digitale Anspielungen

Architektonisch spielt das neue Multiplex-Kino in Basildon nicht auf die musikalische Vergangenheit an. Stattdessen zitiert es die allgegenwärtigen digitalen Bilderwelten sowie keramische Wandbilder aus den 1960er Jahren, für die Basildon eine gewisse Bekanntheit erlangt hat. Das Architekturbüro Pollard Thomas & Edwards hat die aufwendige Gestaltung der Fassaden umgesetzt und dafür Zink-Schindeln und das VMZINC MOZAIK-System verwendet. Entlang der Hauptwege des Einkaufszentrums sind die Gebäudefassaden mit sechskantigen Schindeln in unterschiedlichen Oberflächen-Varianten von VMZINC bekleidet. Den Schwerpunkt bilden Schindeln aus QUARTZ-ZINC. Weitere Schindeln aus AZENGAR und ANTHRA-ZINC beleben die Fläche und besonders auffällig treten einige goldlackierte Vertreter ihrer Art in Erscheinung. Die sechskantigen Schindeln sollen an die Form von Pixeln erinnern, aus denen sich alle digitalen Bilder zusammensetzen. Einen zusätzlichen Blickfang bieten dreidimensionale Schindeln. Wie zufällig angeordnet, treten sie aus der ansonsten ebene Fläche hervor. Diese 3D-Schindeln sind eine Spezialanfertigung für das Multiplex-Kino von Basildon.

Die kantigen Formen der Schindeln zeichnen sich deutlich vom Himmel ab

Aufsteigende Pixel

Die Fassaden aus sechskantigen Schindeln steigen von zwei Seiten aus zu einem höchsten Punkt hin an. Er erhebt sich über der wichtigsten Gebäudekante. Um diese zentrale Achse herum, ist auf beiden Seiten das Logo des Betreibers Empire Cinema angebracht. Dabei bildet Fassade im Übergang zum flachen Dach keine gerade Linie aus, stattdessen setzen sich die sechseckigen Formen der Schindeln bis zuletzt fort. So wird der Eindruck eines im Entstehen befindlichen Bildes hervorgerufen wird, das sich langsam aus seinen Pixeln aufbaut.

Die Farbgebung der Fassadenbereiche mit dem VMZINC MOZAIK-System erinnert an die Skyline einer Großstadt

Kino mit Skyline

Insgesamt verfügt das Multiplex-Kino über eine Fassadenfläche von rund 4000 m². Neben den Hauptfassaden gibt es weitere Flächen, die statt mit Schindeln mit vertikal ausgerichteten MOZAIK-Kassetten bekleidet sind. Auch hier ergibt sich aus der farblichen Gestaltung ein besonderer Effekt. Die Farben der Kassetten variieren auf eine Weise, die den Eindruck einer gestaffelten Skyline entstehen lässt. Die unteren „nahen“ Gebäude sind im dunklen ANTHRA-ZINC ausgeführt, die etwas weiter entfernt liegenden imaginären Wolkenkratzer werden dank QUARTZ-ZINC Oberfläche schon heller und der Himmel zeigt sich schließlich im sehr hellen und matten AZENGAR.

Mit dem MOZAIK-System lassen sich Fassaden elegant strukturieren

Besondere Kanttechnik

Für die MOZAIK-Fassaden wurden in Basildon lange rechteckige Elemente verwendet. Die intelligente Kanttechnik des MOZAIK-Systems führt zu einer besonders eleganten Anmutung. Die Kanttechnik ermöglicht, dass die Falze durchlaufende Fugen ausbilden, und sie verbirgt den Anschluss zwischen den Elementen. Die Kassetten gibt es in unterschiedlichen Tiefen, so dass sich auch mit MOZAIK-Fassaden ein 3D-Effekt erzielen lässt. Das Architekturbüro Pollard Thomas & Edwards hat sich beim Multiplex-Kino aber gegen eine solche Lösung entschieden und nur die „gepixelten“ Fassaden dreidimensional in Szene gesetzt. So zieht die MOZAIK-Fläche ihre Kraft aus einer ebenen strukturierten Linienführung und aus der farblichen Gestaltung.

Nun heißt es Daumendrücken, dass mit der bevorstehenden Eröffnung von Kino und Gastronomie auch die Attraktivität des Stadtzentrums wieder ansteigt und die Pläne des Stadtrats von Erfolg gekrönt werden.

Auch aus der Ferne ist keine wiederkehrende Struktur in der farblichen Verteilung der Schindeln auszumachen

Guido Wollenberg

Bildrechte: Paul Kozlowski