Himmlische Verbindung

Neu-Delhis wichtigster Bahnhof hat eine Erweiterung bekommen, die den Wechsel zu anderen Transportmitteln deutlich verbessert. Ihr Name weist auf große Ambitionen hin: Der „Skywalk“ ist mehr als eine einfache Fußgängerbrücke. Das Architekturbüro Studio ISA hat sich für den Skywalk von einem astronomischen Observatorium inspirieren lassen. Dieses „Jantar Mantar“ liegt ebenfalls in der indischen Hauptstadt Neu-Delhi und zeichnet sich durch auffällige Rundungen und Wegführungen aus. Ein Maharadscha ließ es zu Beginn des 18. Jahrhunderts errichten, um die Bewegungen von Sonne, Sternen und Planeten vorherzusagen. Ähnliche Rundungen und Zugangswege sind auch zu einem zentralen Element des Skywalks geworden. Und mit etwas gutem Willen könnte man sagen, dass es bei der Planung auch darum ging, Bewegungen vorherzusagen und möglichst sinnvoll zu unterstützen, nämlich die Bewegungen der Passagiere von einem Verkehrsmittel zum nächsten.

Freier Weg statt roter Ampel

Rund 450.000 Personen frequentieren die New Delhi Railway Station täglich, der Bahnhof spielt eine zentrale Rolle für ganz Delhi. Wie für einen Hauptbahnhof üblich, treffen hier viele Transportarten aufeinander. Bisher führte der Weg vieler Passagiere von den Bahngleisen zu anderen Verkehrsmitteln direkt über eine vielbefahrene, mehrspurige Straße. Der Weg war unbequem, ineffizient und unsicher. Dank des neuen Bauwerks lassen sich nun jedoch wichtige Punkte wie die Stationen der Airport-Express Linie, einer weiteren Metro Linie sowie Bus- und Taxistände und ein Parkhaus ohne Verzögerung erreichen.

Das Architektenteam ISA Studio entwickelte die Formensprache des Skywalks mit Blick auf ein altes Observatorium

Lokalkolorit mit futuristischem Look

Bei der Planung des neuen Skywalks ging es ISA Studio darum, mehr als ein zweckdienliches Bauwerk zu schaffen. Es sollte gleichzeitig benutzerfreundlich sein und ein lokales Flair entfalten. Das lokale Flair schöpft es aus den Anspielungen auf das historische Observatorium „Jantar Mantar“. Dessen Interpretation trägt allerdings recht eigenständige Züge. Zentrales Element des Skywalks ist eine über 240 Meter lange, ovale Röhre, die sich rund 5,5 Meter über Straßenniveau erhebt. Im Inneren der Röhre verläuft der eigentliche Weg und versteckt dabei seine Verankerung zur äußeren Hülle. Es scheint fast, als würde der Laufgang in der Röhre schweben.

Neben der zentralen Röhre besitzen auch weitere Fassaden- und Dachbereiche eine Außenhülle aus Zink-Schindeln

Modulares Design

Die Basis des Skywalks bilden vorgefertigte Diagrid-Elemente mit einer Länge von 7 Metern. Man entschied sich hier für ein modularisiertes Design, das es ermöglichte, die einzelnen Diagrid-Elemente gut zu transportieren und das den Bau insgesamt beschleunigte. Ein Diagrid ist ein Gerüst aus sich kreuzenden Metallverstrebungen, das weniger Material als ein herkömmlicher Stahlrahmen erfordert. Für den Skywalk wurden in dieser Diagrid-Bauweise Elemente mit einem ovalen Querschnitt hergestellt. Im Laufe der Entwicklung wurden diverse Modellvarianten des Diagrids erstellt und auf ihre Tauglichkeit hin überprüft. Obwohl die Entwicklung sich einer umfangreichen Software-Unterstützung erfreute, waren viele Prototypen erforderlich, bevor das endgültige Design mit der gewünschten Form und Stabilität feststand.

Der Skywalk setzt sich aus je sieben Meter langen Elementen zusammen

Diagrid mit Innenleben

Großzügige Aussparungen auf beiden Seiten der Diagrid-Elemente und ein transparentes Geländer verhindern, dass die Passanten das Gefühl bekommen, sich in einem Tunnel zu bewegen. Die einzelnen Bausteine haben einen ovalen Querschnitt mit einer Breite von 8 Metern und einer Höhe von 6 Metern. Innerhalb der zusammengesetzten Elemente wurde ein Fußboden aus Granit verlegt, der von einem Geländer aus Verbundglas zu den Seiten abgesichert wird. Auf der Unterseite fassen Aluminium-Verbundplatten den Weg ein. Es sind jedoch VMZINC-Schindeln, welche das Erscheinungsbild des Skywalks prägen, sie bilden die weithin sichtbare Außenhülle des neuen Bauwerks.

Auf der Unterseite treffen unterschiedliche Materialien aufeinander. Die Struktur des Diagrids verkleinert sich hier zu schmalen Streifen.

Rund gemacht: Schindeln aus VMZINC

Die Außenhülle des Skywalks erforderte ein Material, das sich der stark gerundeten Form flexibel anpasst. Die kleinformatigen Schindeln von VMZINC sind dafür genau richtig. Sie überlappen sich schuppenartig und ermöglichen es, runde Fassaden – oder andere komplizierte Formen – auf eine homogene Art zu bekleiden. Darüber hinaus war ein System gefragt, dass die heißen und phasenweise sehr feuchten klimatischen Bedingungen in der indischen Hauptstadt schadlos übersteht und einen sicheren Regenschutz bietet. VMZINC-Schindeln bringen genau diese Eigenschaften mit, deswegen setzten ISA Studio sie als Hauptbekleidungsmaterial für die gesamte Außenhülle ein.

VMZINC Schindeln in QUARTZ-ZINC bekleiden die Außenhülle. Einzelne Schindeln in PIGMENTO rot lockern das Bild auf.

Natürlicher Übergang

Farblich legte das Team von ISA Studio Wert auf eine harmonische Anbindung des neuen Bereichs an das alte Bahnhofsgebäude. Im Bestand finden sich hauptsächlich rote Farbtöne und einige silber-graue Dachbereiche über den Treppen. Um den Skywalk wie eine natürliche Erweiterung des Bahnhofgebäudes in Szene zu setzen, wählten ISA für die Außenhaut an den beiden Seiten der Röhre Schindeln in der samtgrauen Oberfläche QUARTZ-ZINC, die durch eine kleinere Anzahl von Schindeln in PIGMENTO rot aufgelockert werden. Auf der Oberseite verläuft ein QUARTZ-ZINC-Streifen, der in Stehfalztechnik ausgeführt wurde. Auch die Dächer der Zugangswege und Treppen zum Skywalk hinauf sowie die Fassade eines Zugangsgebäudes auf der halben Länge der Röhre wurden mit VMZINC bekleidet, insgesamt kommt die Zinkoberfläche auf eine Gesamtfläche von 5.370 m².

Erleichterte Wege

Der neue Skywalk ist das erste Bauwerk dieser Art in Indien. Viel wichtiger ist jedoch, dass er für die pendelnde Bevölkerung Delhis eine enorme Erleichterung und Zeitersparnis bedeutet, da sie nun nicht mehr die vielbefahrenen Straßen überqueren muss, um ihre Anschlussverbindungen zu erreichen. ISA Studio ist es gelungen, dem funktionalen Skywalk ein aufsehenerregendes Erscheinungsbild zu verleihen, das dem Bereich vor dem Hauptbahnhof seinen eigenen Stempel aufdrückt.

Der über 240 Meter lange Skywalk erleichtert den Wechsel der Transportmittel in der indischen Hauptstadt New Delhi

Guido Wollenberg

Bildrechte: Studio BluOra; Gitesh Gupta